Rezension | Die Tochter des Samurai | Lesley Downer


„Im Inneren der Schwarzen Päonie war es heiß, dampfig und voll von außerordentlichen Gerüchen und Geräuschen. Rauch von bratendem Fleisch vermischte sich mit Tabakqualm, der schwer über dem Raum hing.“ - Zitat Seite 12


Das alte Japan 1873. Die 13 jährige Taka erlebt gerade den Umbruch nach dem Krieg im Land, als Tochter einer der berühmtesten Geishas Namens Fujino und dem Samurai und General Kitaoka. Das tragen von westlicher Kleidung ist nur eins der unangenehmen Dinge, die fortan ihr Leben verändern werden. Takas Familie hat Kyoto verlassen und lebt jetzt in Tokyo. Die Stadt ist wild und buntgemischt. Von den sogenannten „Barbaren“ (westliches Volk) bis hin zu den Samurais verschiedener Clans, befindet sich die Stadt immer noch in Aufruhr. Offiziell herrscht zwischen Norden und siegreichen Süden Frieden, aber der Schein trügt. Gerade untereinander ist das Volk immer noch geteilt, in verschiedene Clans. Taka begegnet dem mittellosen Nobuyuki Yoshida, genannt Nobu, der ihr und ihrer Familie das Leben rettet. Fortan ist er ihr Diener, doch Taka spürt eine besondere Zuneigung zu dem Jungen und die Geschichte nimmt ihren Lauf.

Taka, ihre Schwester Haru sowie ihre Mutter Fujino und deren Geisha Freundinnen sitzen in einem der bekanntesten Restaurants der Stadt, als plötzlich ein Ronin, ein Samurai ohne Dienstherr, sie versucht anzugreifen. Der junge und mittellose Nobu, der aus dem Nichts auftaucht, verteidigt ihr Leben und wird zum Dank als Diener in die Dienste des Generals aufgenommen. Taka bewundert den gutaussehenden Jungen und erkennt in ihm weitaus mehr als einen Dienstboten. Seine Gesichtszüge, sein Verhalten lassen eine edle Abstammung vermuten. Doch sein Dialekt gehört dem verfeindeten Norden des Aizu Clans an. Auch Nobu hat im Krieg einen großen Teil seiner Familie verloren und somit auch Haus und Hof. In ihm ist wächst der große Hass zum General Kitaoka, der für all das verantwortlich ist. Ungeahnt dessen, dass er gerade die Familie des Feindes gerettet hat, lässt er sich von der Wärme und Schönheit die Taka umgibt, darauf ein, Dienstbote im Hause des Feindes zu werden. Er ist ein guter Dienstbote, wissbegierig, fleißig und stets gern in der Nähe der Tochter. Bald kommen die Zwei sich näher und Takas Bruder Eijiro, der von vorneherein Nobu als Feind betrachtet, wirft Nobu schwerverletzt auf die Straße.

Erst Jahre später begegnen sich die Zwei erneut. Nobu ist inzwischen zum Offizier ausgebildet worden und als dann auch noch eine Rebellion ausbricht, muss sich Nobu entscheiden. Für Taka, die Tochter des Feindes oder ob er endlich dem Wunsch nach Rache an dem Satsuma Clan nachkommt. Eine wunderbare Geschichte, aufwühlend, herzerwärmend, romantisch und leidenschaftlich. Wir erleben hier beide Seiten der Hauptprotagonisten. Taka, die einst schon die Ausbildung zur Geisha begonnen hatte und nun doch eine westliche Schule besucht, um eine ehrbare und demütige Ehefrau zu werden und Nobu, der nach dem Krieg mittellos ist sich seinen Platz zurück in das Leben und die Gesellschaft erkämpft.

„Nobu wandte sich ihr zu. Sie sah das Gesicht, das sie sich so oft vorgestellt hatte, die schrägen Augen, den vollen Mund, den schwarzen Haarschopf, und in ihr wurde die Gewissheit, alles würde gut werden, so stark, dass ihr die Knie weich wurden. Sie taumelten, drohte zu fallen, und er fing sie auf und hielt sie ganz fest.“ - Zitat Seite 468

Zur Covergestaltung ist nicht viel zu sagen. Eine wunderschöne Samuarai Tochter ziert den Schutzumschlag, farblich den immer wieder auftauchenden Kirschblüten in der Geschichte angepasst. Das Buch ist unterteilt in fünf Teile, diese wiederum in einzelne Kapitel. Jeder Buchteil ist mit einer schönen Zeichnung geziert. Diese kleine Zeichnung passt zu dem detaillierten, teilweise auch verschnörkelten Schreibstil, wenn es um die Beschreibung der Handlungsorte geht. Der Kontrast hierzu sind die Vergnügungsviertel, die laut und bunt beschrieben werden.

Die Autorin schafft durch ihre Expertenkenntnisse, hier immer wieder Fachbezeichnungen der japanischen Kultur zu nutzen, sowie auch traditionelle Bräuche zu erwähnen und zu beschreiben, die einen ab der ersten Seite in den Bann ziehen. Zugegeben, am Anfang ist es für einen Laien der Japankultur schwer einige Begriffe und Bezeichnungen zuzuordnen, aber das nimmt hier der Geschichte nicht den erwarteten Zauber. Der Schreibstil, die Beschreibung der Handlungsorte sind das i-Tüpfelchen zu dieser wunderbaren Liebesgeschichte.

Im Nachwort nennt die Autorin noch Quellen bzw. Geschichtsbücher über die Rebellion und den damaligen tatsächlichen großen Kämpfern in dieser Zeit. Lesley Downer ist, was die Japanliteratur angeht, eine bekannte und anerkannte Expertin, wie ihrer Biographie zu entnehmen ist. Denn auch sie hat sich vor Jahren zur Geisha ausbilden lassen und verfügt über fundierte Experten Kenntnisse der Japankultur. Abschließend ist noch der Link zur Homepage der Autorin gesetzt, wo man auch einen Einblick in ihre bisherigen Romane und Erzählungen gewinnen kann. 

Kurz & gut - mein persönliches Fazit:

Lesley Downer entführt den Leser auf eine besondere Reise durch enge Gassen des alten Japan, erfüllt mit dem Duft verschiedener exotischer Gewürze, gebratenem Fleisch und farben- und lichterprächtigen Vergnügungsviertel. Angelegte Gärten und Parks mit blühenden Kirschbäumen und prachtvollen Bauten. Alles ist so real und detailgetreu beschrieben, dass man das Gefühl hat, tatsächlich Vorort zu sein. Man hört Musik und das wilde Treiben. Lesley Downer beschreibt nicht nur die Umgebung sondern auch Sitten und Bräuche auf eine fantastische Art und Weise, das man keine Sekunde daran zweifelt, sich nur im geschriebenen Wort zu befinden, sondern direkt im Geschehen. Eine wunderbare Liebesgeschichte, die uns als Leserin in eine sowohl anmutige Geisha als auch eine Samurai Tochter hineinfühlen lässt. Demütig, anmutig und doch stark. Eine wunderbare Geschichte über die Liebe zweier Menschen aus verfeindeten Clans im alten Japan.

© Rezension: 2013, Aygen (AE)


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