Rezension | Bienensterben | Lisa O´Donnell

Heute ist Weihnachten. Heute hab ich Geburtstag. Heute werde ich fünfzehn. Heute hab ich meine Eltern im Garten begraben. Geliebt wurden sie beide nicht. Zitat Prolog 

Kurzbeschreibung: 

Glasgow/Schottland. Die Geschwister Marnie und Nelly haben ihre drogensüchtigen und alkoholkranken Eltern im Garten beerdigt. Bepflanzt mit viel Lavendel um so von dem bestialischen Geruch abzulenken, der sich bereits im Haus festgefressen hat. Sie haben sich geschworen, niemandem ein Wort davon zu sagen, dass die Eltern tot sind. Traurig sind sie darüber nicht, aber sie müssen dieses Geheimnis für sich behalten. Was sie dabei nicht bedacht haben, dass sie vielleicht jemand im Garten beim Lavendel pflanzen gesehen haben könnte bzw. sich jemand fragen könnte, wo die Eltern stecken. Eine traurige Geschichte nimmt ihren Lauf…


Meine Gedanken zu dem Buch:

Das Buch erzählt die Geschichte von Marnie, die erst fünfzehn geworden ist und ihrer jüngeren Schwester Nelly. Diese zwei Personen sind das absolute Gegenteil, ihre einzige Verbindung ist nicht nur dasselbe Blut, das sie tragen sondern auch die gemeinsamen traurigen Erinnerungen und die grausame Kindheit. Ihre Eltern Izzy und Gene waren drogensüchtige Alkoholiker und haben ihnen die Kindheit zur Hölle gemacht. Marnie ist aufmüpfig und hat Sex mit irgendwelchen Klassenkameraden und sogar dem Dealer ihres Vaters, der weitaus älter und sogar verheiratet ist. Nelly hingegen ist wie eine kleine Blume. Unschuldig, talentierte Violinen Spielerin und spricht wie eine Frau aus früheren Zeiten. Das Buch selber ist in Jahreszeiten unterteilt und erzählt die Geschichte nicht nur aus Nelly´s und Marnie´s Sicht, sondern auch aus Sicht des homosexuellen Nachbarn Lennie. Lennie ist die verlorene Seele, der immer mit seinem verstorbenen Partner Joseph spricht und die Mädchen anfänglich nur beobachtet. Lennie ist bei den Nachbarn in der Stadt als pädophiler kranker Mann bekannt, seit er nachts auf dem Strassenstrich mit einem minderjährigen Jungen erwischt wurde.

Lennie beobachtet eine ganze Weile zu Beginn die Mädels im Nachbarhaus und fragt sich wo die Eltern der beiden Minderjährigen stecken. Auch er weiß, dass die Rabeneltern mehr schlecht als recht sind, aber dennoch findet er es verantwortungslos, dass sie einfach verschwunden sind und die Mädchen auf sich alleine gestellt sind.

Nach einer ganzen Weile kommen die Drei doch in Kontakt und es entwickelt sich so eine Art Freundschaft, die wohl auch zugleich als Familienersatz für alle Drei dient. Die flapsige Schreibweise von Marnie und die hochgestochene Ausdrucksweise von Nelly legen einen besonderen Zauber über diese so dramatische, traurige und spannende Geschichte zugleich.

Lennie kommt mi der Zeit hinter das Geheimnis der Mädchen und doch bewahrt er es für sich um nicht das Vertrauen der Mädchen zu brechen und lässt sie im Glauben, er würde ihnen die Lüge über den Spontanurlaub der Eltern glauben. Auch als der Dealer des Vaters auftaucht und auf sein noch ausstehendes Geld besteht und der Großvater der Beiden, der Vater von Izzy nach Jahren auftaucht, ist Lennie der einzige Halt der Mädchen. Er bekocht sie, stellt ungekannte Regeln auf, die in normalen Familienverhältnissen alltäglich scheinen auf und bringt so eine gewisse Idylle in das Leben der Beiden.

"Diese Mädchen verbergen nichts, nein, sie kennen es nicht anders, als es jetzt ist. Die Abwesenheit ihrer Eltern ist entzsetzliche Realität, schon ihr ganzes Leben lang." Zitat Seite 83

Im Verlauf der Geschichte, erfahren wir so viel über diese drei besonderen Menschen und ihren Leidensweg, der so schmerzvoll ist, dass er eine bedrückende Stimmung schafft und doch hat die Autorin hier durch ihre Schreibweise eine Leichtigkeit in die Geschichte gelegt, die diesen harten Stoff so greifbar und locker macht, dass man zeitweise die schweren Passagen mit einem schmunzeln liest und zeitgleich betrübt ist.

Diese besondere Schreibweise macht diese bereits bekannte Geschichte über Teenies, die aus schlechten Verhältnissen kommen zu einem besonderen Lesegenuss und legt einen besonderen Hauch von Spannung rein, der ab der ersten Seite einen packt. Trotz stetig wechselnden Erzählern zwischen den Protagonisten, verliert man dank der kurzen Kapitel nie den Faden. Die Geschichte fügt drei Charaktere und deren Darstellung ihres bisherigen Lebens zu einer Geschichte zusammen.

Zudem ist die Gestaltung des Covers passend gewählt und mir bereits auf der Buchmesse in Frankfurt ins Auge gestochen. Ein Scherenschnitt ähnliches Bild, welches drei Personen abbildet, sowie eine Violine, Ein Haus mit Gartenzaun, ein Messer, ein Cannabisblatt, eine Spritze und Zigaretten. Auf den ersten Blick sieht man das Profil zweier schöner Mädchen und beachtet erst gar nicht das Drumherum. Definitiv ein wunderbar passendes Cover. Schlicht und dennoch Aussagekräftig.

Kurz & gut - mein persönliches Fazit:

Ein grandioser Debütroman. Die Autorin vereint hier die Geschichte dreier Menschen, die nicht unterschiedlicher sein könnten und doch verbindet sie nicht nur ein Geheimnis sondern auch auf eine bestimmte Art ein gemeinsames Schicksal. So einfühlsam und gespickt mit jede Menge Sarkasmus, der zwar das Lesen erleichtert aber die schwere und bedrückende Last dieser Erlebnisse einen den Schmerz spüren lässt. Ein wunderbarer Roman über die traurigen Seiten des Lebens, das uns glücklicherweise erspart geblieben ist, aber dennoch wohl das ein oder andere Schicksal in dieser Welt zum Teil wiederspiegelt.

© Rezension: 2013, Aygen (AE)



Buch Zitate: Die Seitenangaben befinden sich unter dem jeweiligen Zitat.
© by Lisa O´Donnell

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