Rezension: Septembermädchen | Kathrin Lange

Habe keine Furcht, dich dem Gegner zu nähern. Je näher du an ihm dran bist, desto mehr kannst du lernen (Verhaltensregel aus Capoeira)

Aus dem Klappentext:
Ein düsteres Industrieviertel am Abend. Leonie stößt mit einem Fremden zusammen. Blut rinnt über sein Gesicht. Er sieht sie an und küsst sie. Von diesem Augenblick an ist Leo von dem verschlossenen Elijah fasziniert. Doch dann findet sie heraus, dass auf dem Trainingsgelände des nahegelegenen Capoeira-Clubs, in dem Elijah trainiert, vor genau einem Jahr ein Mädchen tödlich verunglückte. Plötzlich beginnt ein merkwürdiger Straßenbettler, Leo zu verfolgen. "Im September sterben Mädchen", raunt er ihr zu, "und du wirst die nächste sein."

Meine Gedanken zu dem Buch:
Nach "Schattenflügel" legt die Autorin Kathrin Lange mit "Septembermädchen" nun ihren zweiten Arena-Thriller für junge Leseratten ab 12 Jahren vor.
Der Thriller ist in der personalen Erzählperspektive aus Sicht der jungen Protagonistin Leonie - von allen liebevoll nur Leo genannt - geschrieben. Wir als Leser stolpern geradezu zusammen mit Leo in die Geschichte und somit in die Arme des gutaussehenden, aber doch zurückhaltenden Elijah. Leo kürzt ihren Heimweg nach dem Training gerne durch ein recht düsteres Industrieviertel ab - doch an besagtem Abend wird sie von Elijah quasi überrannt, als dieser sehr schnell um eine Ecke kommt. Als sie sieht, dass er im Gesicht stark blutet, ist es um sie geschehen und sie wird ohnmächtig. Blut kann sie einfach nicht sehen. Elijah kennt sie bisher vom Sehen, mehr aber auch nicht. Umso überraschender, dass er sie plötzlich einfach küsst! Was war denn das?

Er geht nicht darauf ein und Leo hat es die Sprache verschlagen. Aber seither geht er ihr nicht mehr aus dem Kopf. Doch so, wie Elijah plötzlich in Leo's Leben auftaucht, verschwindet Amy, eine Bekannte aus ihrer Clique. Leo hat nicht wirklich einen guten Draht zu Amy, wie man so schön sagt, aber ihr Verschwinden beunruhigt sie unbewusst. Eine unbegründete Angst macht sich langsam in ihr breit. Nicht ganz unschuldig an diesem merkwürdigen Bauchgefühl ist ein stadtbekannter Obdachloser namens Schröder. Kurz nach dem Zusammenstoß mit Elijah trifft Leo auf diesen Schröder und er sagt Dinge zu ihr, die sich in ihr Gedächtnis einbrennen.

Wer ist Elijah? Was will Schröder plötzlich von ihr? Und wo um Himmels Willen steckt Amy? Und wer ist Crissy? Leonies Leben steht Kopf.

Der Schreibstil selbst ist locker und leicht zu lesen. Keine langen verschachtelten Sätze, keine zu langen Kapitel und vom Verständnis der Alterszielgruppe gut angepasst. Lesepausen können gut eingelegt werden, ohne dass man gleich den Fäden verliert. Viele Dialoge zwischen den Protagonisten sorgen für Unterhaltung der jungen Leser, fesseln sie ans Buch  und ermöglichen diesen, sich mit den einzelnen Protagonisten zu identifizieren, sich in sie hineinzuversetzen.

Als besonders gelungen empfinde ich die eingestreuten Kapitel von Amy. Diese heben sich dadurch ab, dass sie in kursiver Schrift dargestellt sind und in diesen Kapiteln wird aus Amys Sicht erzählt, was ihr gerade widerfährt. Diese Einstreuungen in die Hauptgeschichte heben massiv die Spannung. Auch ich als Leser will ja unbedingt wissen, was mit ihr geschehen ist und so spürte ich zu Beginn eines jeden "Amy-Kapitels" schon ein leichtes Herzklopfen


"Wie ein gefangenes Tier begann sie, in dem kahlen Raum auf und ab zu gehen. Von einer Wand bis zur anderen waren es genau sieben Schritte. Sie begann zu zählen. Erst als sie bei zehntausend angekommen war, hörte sie auf damit und marschierte einfach so weiter."
Seite 80

Die beiden Handlungsstränge (Leo's und Amy's Situation) verlaufen parallel und doch kreuzen sie sich immer wieder. Und hier ist sehr faszinierend, dass an dieser Kreuzung immer Schröder auftaucht. Der Obdachlose ist die Verbindung beider Handlungsstränge. Zum Ende hin verschmelzen beide und gehen in einen Handlungsstrang über. Die Spannung wird also bis zum Ende hin gehalten.

Der Handlungsablauf ist altersgerecht angepasst, nicht zu gewalttätig, nicht zu viel Blut - aber er erscheint trotzdem nicht "lasch" oder gar langweilig. Die Autorin vermittelt subtil die lauernden Gefahren an die Zielgruppe. Auch greift sie jugendliches Sozialverhalten sehr gut auf und widmet sich dieser Thematik. Angst, Verdrängung, Freundschaft, Verliebtheit unter Teenagern, erster Herzschmerz, erste Trennung - all das wird von Frau Lange gekonnt aufgegriffen und ins Geschehen eingearbeitet.

Auch die Ausarbeitung der individuellen Charaktere der Protagonisten ist sehr gut gelungen. Der Odbdachlose Schröder ist ein sozialkritisches Thema, das subtil zum Nachdenken anregen soll. Warum hört ihm keiner zu, warum nimmt ihn keiner ernst. Würden die Dinge womöglich einen anderen Lauf nehmen, wenn ihm jemand Beachtung schenken würde

Kurz & gut - mein persönliches Fazit
Ich bin ein großer Freund der Arena Thriller und mir hat auch "Septembermädchen" nun sehr gut gefallen. Ein toll ausgearbeiteter und spannender Jugendthriller und mit genügend Freiraum für die eigene Fantasie. Die Spannungsmomente werden durch die "Amy-Kapitel" gut gepusht und so kommt zu keiner Zeit Lese-Langeweile auf. Als Alterszielgruppe wurde für diesen Roman 12 Jahre angegeben und ich persönlich finde dies sehr angemessen. Spannend ohne zu sehr aufzuwühlen, mit einem leicht exotischen Touch (den wir Elijah und seiner interessanten Sportart zu verdanken haben ) - und doch fehlt auch die für die Alterszielgruppe wichtige Teenager-Liebe nicht. Kathrin Lange hat es geschafft, beide Elemente gut zu vermischen und entstanden ist ein wirklich sehr schöner und empfehlenswerter Jugendthriller. 

© Rezension: 2013, Alexandra Zylenas 


Über die Autorin:
Kathrin Lange, geboren 1969, arbeitete zunächst als Verlagsbuchhändlerin und Mediendesignerin, bevor sie 2005 das Schreiben zu ihrem Beruf machte. Seither ist sie vor allem für ihre historischen Romane und Jugendbücher bekannt. „Septembermädchen" ist ihr dritter Thriller. Kathrin Lange lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Hildesheim http://www.arena-verlag.de/helden/kathrin-lange

[alexandra]


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