Rezension | Das Turmzimmer | Leonora Christina Skov

Dänemark, Anfang des 20. Jahrhunderts.

Nelly kehrt an den Ort zurück, den sie vor vielen Jahren fast fluchtartig verlassen hat. Den Ort, an dem sie aufgewachsen ist und den sich unwiederruflich in ihren Gedanken verankert hat. Nelly kehrt zurück nach Liljenholm, in das einst so prachtvolle Anwesen, dass seit dem Tod ihrer Mutter - dem Verfall nahe - in ihren Besitz übergegangen ist, da sie die alleinige Erbin ist. Nelly ist nicht im Guten mit ihrer Mutter, der erfolgreichen Bestsellerautorin Antonia von Liljenholm, auseinandergegangen, denn in ihrer Kindheit sind zu viele seltsame, verstörende Dinge vorgefallen. Nun, so viele Jahre später, steht sie wieder in der Halle von Lijenholm, an ihrer Seite ihre gut Freundin Agnes, die sie unterstützt. Gemeinsam erkunden sie das leicht gruselige Anwesen und finden die geheimen Tagebücher der Hauswirtschafterin Lauritz, die immer gut zu Nelly war und sie hat einen verwegenen Gedanken: Agnes soll die Geschichte Liljenholms - Nellys Geschichte aufschreiben! Sie würden zusammen auf Liljenholm leben, bis das Buch fertig ist. Es gibt viele Rätsel zu lösen und Familiengeheimnisse zu lüften!

Meine Gedanken zu dem Buch:

Leonora Christina Skov's Roman "Das Turmzimmer" hatte ich mit einer Leseprobe begonnen, die mich fast umgehend davon überzeugte, dass ich dieses Buch unbedingt weiterlesen muss. Warum das so war, konnte ich erst nicht in Worte fassen, aber irgend etwas faszinierte mich schon in dieser Leseprobe. Die Art und Weise, wie dieses Buch geschrieben wurde, begeisterte mich. Der Schreibstil ist sehr gelungen und Agnes, aus deren Sicht die ganze Geschichte erzählt wird, ist eine begnadete Erzählerin mit einer ordentlichen Portion Selbstironie, deren Schilderungen der Ereignisse es einfach Spass und Freude macht, zu folgen. Obwohl sie es mir diesbezüglich im ersten Teil nicht immer ganz einfach machte, das muss ich gestehen.

Von Beginn an macht sich eine mysteriöse Stimmung breit. Man weiß, etwas stimmt nicht auf Liljenholm und es gilt, viele Rätsel zu lösen. Viele Charaktere treffen aufeinander, deren Leben über Generationen hinweg irgendwie miteinander verwoben sind Wie, das ist die große Frage. Eine Frage, die sich auch Nelly und Agnes stellen und hintere deren Lösung sie kommen wollen. Was passierte hier Geheimnisvolles und Mysteriöses auf diesem Anwesen? warum durfte Nelly in der Vergangenheit niemals das Turmzimmer betreten? was waren das immer für seltsame Geräusche? Und ist es wahr, dass dich Antonias Schwester Lilly aus dem Fenster in den Tod gestützt hat? Nellys Gedächtnis ist sehr lückenhaft, sie hat vieles verdrängt und es brodelt unter der Oberfläche. Als sie die Tagebücher von Lauritz finden, offenbart sich ihr einiges, dass sie so nicht für möglich gehalten hätte und sie sieht den einzigen Ausweg für ihren Seelenschmerz, diese ganze Wahrheit über Liljenholm aufgeschrieben zu sehen. Sie durchlebt auf diese Weise nochmals ihre Kindheit und Jugend auf dem Anwesen und mit der Zeit wird ihr klar, warum ihre Mutter so war, wie sie war: Streng, herrisch, lieblos - eine Frau, die sich nur noch in ihr Schreibzimmer verschanzte und Bücher schrieb.

Agnes holt in ihren Erzählungen immer wieder weit aus, springt in die Vergangenheit, befindet sich plötzlich wieder in der Gegenwart und als Leser muss man zum Teil höllisch aufpassen, nicht den Faden zu verlieren. Nichtsdestotrotz ist es eine faszinierende Art des Erzählens, denn es gilt, ein wahres Geflecht von mysteriösen Ereignissen zu entwirren. Ab etwa der Hälfte wird es leichter zu folgen, denn langsam lichtet sich das Dunkel etwas und man kann schon einzelne Zusammenhänge erkennen oder zumindest erahnen. Ab dem Moment steigert sich auch wieder die Spannung, denn nun packt das Ratefieber und man rätselt doch über das wie und warum der Geschehnisse nach. Der Lesefluss wird wieder besser und zum Ende bin möchte man das Buch kaum noch aus der Hand legen.

Kurz & gut - mein persönliches Fazit

"Das Turmzimmer" ist in der Tat ein Buch, dass eine ganz besondere Art und Weise begeistert und seine Leser gekonnt fesselt und mitnimmt auf eine sehr mysteriöse Reise nach Liljenholm. Ich tauchte ein in diese verworrene, dramatische Familiengeschichte, die gespickt ist von Lügen, Täuschungen und verbotener Liebschaften. Meine Skepsis, die im ersten Teil des Buches aufgrund der argen Verwirrungen kurz aufkam, konnte sich im weiteren Verlauf wieder komplett legen und ging wieder vollends in Begeisterung über.

Ein Roman, der zum Mitdenken auffordert und der durch einen faszinierenden Schreibstil glänzt, der keinen Regeln zu folgen scheint. Aber man muss sich auch auf das Buch einlassen können, sich einfach fallen lassen können, sonst könnte es sein, man scheitert am ersten Teil des Buches. Ich persönlich habe dieses Buch sehr genossen.

© Rezension: Alexandra Zylenas

[alexandra]

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